Moebius, die Lust, das Messer

Drama | Südkorea 2013 | 88 Minuten

Regie: Ki-duk Kim

Eine Mutter kastriert aus Rache an ihrem untreuen Mann ihren Sohn. Der findet Trost bei der Geliebten des Vaters, macht aber trotzdem mit, als die Frau von einer Gang vergewaltigt wird. Der Vater sucht derweil nach einer Möglichkeit, seinen eigenen Penis dem Sohn transplantieren zu lassen, was schließlich auch gelingt. Mit fatalen ödipalen Folgen. Ein groteskes Drama ohne Worte und mit kühner Prägnanz. Wie in einer Moebius-Schleife entfaltet sich innerhalb einer Familie ein perverser Reigen von sexuellem Begehren und Gewalt. Was sich wie eine vulgäre Persiflage der frühen Psychoanalyse anhört, wird durch die Inszenierung zum verstörenden „Votivbild“ über Eltern-Kind- und Geschlechterverhältnisse.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
MOEBIUSEU
Produktionsland
Südkorea
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Kim Ki-Duk Film
Regie
Ki-duk Kim
Buch
Ki-duk Kim
Kamera
Ki-duk Kim
Schnitt
Ki-duk Kim
Darsteller
Jo Jae-hyeon (Vater) · Lee Eun-woo (Mutter/Geliebte) · Seo Young-ju (Sohn)
Länge
88 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 18
Genre
Drama
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
MFA/Ascot Elite (16:9, 1.85:1, DD5.1)
Verleih Blu-ray
MFA/Ascot Elite (16:9, 1.85:1, dts-HDMA)
DVD kaufen

Die Filme Kim Ki-duks tendierten immer schon zur Wortlosigkeit. Worum es in ihnen geht, lässt sich dialogisch ohnehin kaum einholen. In seinem jüngsten Werk treibt der südkoreanische Regisseur dies mit clownesker Konsequenz auf die Spitze, indem er komplett auf gesprochene Worte verzichtet.

Diskussion
Die Filme Kim Ki-duks tendierten immer schon zur Wortlosigkeit. Worum es in ihnen geht, lässt sich dialogisch ohnehin kaum einholen. In seinem jüngsten Werk treibt der südkoreanische Regisseur dies mit clownesker Konsequenz auf die Spitze, indem er komplett auf gesprochene Worte verzichtet. „Moebius, die Lust, das Messer“ ist allerdings weder ein Stummfilm noch ein kontemplatives Werk, sondern eine von Grunz-, Stöhn- und Schmerzgeräuschen überquellende, in holzschnittartigen Wendungen sich entfaltende und an Blut, Gewalt und Sperma reiche Groteske über die verhängnisvolle Triebhaftigkeit der Menschen. Mit kühner Prägnanz reduziert Kim Ki-duk das Drama des Begehrens auf Vater, Mutter, Sohn, deren Lebensenergie sich im gegenseitigen Belauern erschöpft. Eine Affäre des Vaters setzt das Rad der Zerstörung in Gang. Die eifersüchtige Mutter rächt sich am Sohn und schneidet dem den Penis ab. In einem Akt der Reue unterzieht sich der Vater seinerseits einer Phallus-Amputation, entdeckt dann aber im Schmerzerleben einen alternativen Weg zum Orgasmus. Der penislose Sohn verliebt sich derweil in die Geliebte des Vaters, beteiligt sich aber an deren Vergewaltigung durch eine Straßengang und wird ins Gefängnis gesteckt. Nach seiner Haft kehrt er in die Arme der Geliebten zurück. Die körperlich-sexuelle Vereinigung geschieht mittels eines Messers, das ihm die Geliebte in die Schulter stößt und daran solange herumhantiert, bis der Höhepunkt erreicht ist. Parallel dazu hat der Vater endlich eine Möglichkeit gefunden, seinen amputierten Penis per Operation dem Sohn implantieren zu lassen. Mit zwiespältigem Resultat, denn das Glied erigiert nur in Gegenwart der Mutter, was fatale Konsequenzen nach sich zieht. Was sich in dieser knappen Handlungsskizze wie eine vulgäre Persiflage der frühen Psychoanalyse ausnimmt, entfaltet auf der Leinwand eine bärbeißige Magie, die über ihr beträchtliches Verstörungspotenzial hinaus gerade durch die Simplifizierung interessante neue Verstehensräume eröffnet. Jede der Figuren ist exemplarisch, aller Realitätsbezug schon durch die betont simplen Sets beiseite geräumt. An die Stelle des Melodrams treten emblematische Bilder und Szenen (aus dezidiert männlicher Sicht), die zum Weiterdenken animieren: über das Vater-Sohn-/Sohn-Vater-Verhältnis zwischen Identifikation, Konkurrenz und Solidarität, Penisneid und Kastrationsangst; oder vice versa über die Relation zwischen Sohn und Mutter/Geliebter (Lee Eun-woo in einer Doppelrolle); gleiches gilt auch für das Geschlechterverhältnis oder die Verbindung von Körper, Sexualität und Gewalt. Werkimmanent setzt sich in Kim Ki-duks Schaffen hier der mit „Arirang“ begonnene Weg einer komisch gebrochenen, stilistisch dezidiert einfachen Erzählweise fort, die mit dem gewalttätigen Ingrimm seiner Anfänge nicht mehr viel zu tun hat.
Kommentar verfassen

Kommentieren