Chip und Chap - Die Ritter des Rechts (2022)

Animation | USA 2022 | 97 Minuten

Regie: Akiva Schaffer

Zwei Streifenhörnchen waren einst die Stars einer Detektivserie. Nach deren Aus hat das eine dem Showgeschäft den Rücken gekehrt hat, das andere trauert auf Film-Conventions noch immer dem verblassten Ruhm nach. Erst das Verschwinden eines Mitwirkenden ihrer Serie führt die beiden wieder zusammen. Im Rückgriff auf die Zeichentrickserie „Chip und Chap – Die Ritter des Rechts“ (1989/90) fügt der Spielfilm die Hauptfiguren in ein teils animiertes, teils reales Hollywood ein und entfaltet ein Feuerwerk an Gags über das Showgeschäft. Deren Fülle und Ideenreichtum spricht vor allem Kenner der Animationsgeschichte an; gleichzeitig wirbt der Film aber unaufdringlich für eine multikulturelle und multimediale Welt. - Sehenswert ab 8.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
CHIP 'N' DALE: RESCUE RANGERS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Mandeville Films/Walt Disney Pict.
Regie
Akiva Schaffer
Buch
Dan Gregor · Doug Mand
Kamera
Larry Fong
Musik
Brian Tyler
Schnitt
Brian Scott Olds
Länge
97 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 8.
Genre
Animation | Kinderfilm | Zeichentrick
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

In einer Mischung aus Animations- und Realfilmwelt spielender Kinder-Abenteuerfilm über zwei detektivische Streifenhörnchen, die Jahre nach dem Ende ihrer Fernsehserie wieder einen Fall aufklären müssen, als hintergründige Komödie über das Showgeschäft und die Geschichte der Animation.

Diskussion

Es ist selten geworden, dass man im Animationsfilm wirkliche Überraschungen erlebt. Das Publikum hat sich an die Zaubereien und verspielten Unmöglichkeiten der Trickfilme derart gewöhnt, dass ihm „reale“ Dinosaurier, magische Eisköniginnen, Hobbits und Orks oder sprechende Spielzeuge völlig normal und natürlich erscheinen. Dabei wurde diese Entwicklung erst vor ein paar Jahrzehnten mit Falsches Spiel mit Roger Rabbit (1988) losgetreten. Bis dahin hatte die Animation in Hollywood eine verschwindende Rolle gespielt. Doch dann führte diese hochintelligente Verschmelzung von Realität und Trickfilm neue wunderbare Möglichkeiten des Geschichtenerzählens vor Augen, die auf ein bereit- und zahlungswilliges Publikum trafen, das sich gerne verzaubern lassen wollte.

Ähnlich überraschend und genauso vergnüglich ist die Trickproduktion „Chip und Chap – Ritter des Rechts“ von Akiva Schaffer geraten. Wer hätte geglaubt, dass ein Reboot einer etwas verstaubten Fernsehserie aus den 1990er-Jahren derartig viel Spaß machen könnte? Wobei es genaugenommen kein Reboot, sondern ein Comeback ist. Denn die Geschichte um die beiden Streifenhörnchen Chip und Chap, die einst die Stars einer viel geliebten Detektiv-Fernsehserie waren und sich jetzt nach Jahrzehnten der Entfremdung bei einem echten Fall wieder treffen und zusammenraufen, ist eine Liebeserklärung an die Welt der Animation in all ihren Facetten, Techniken und Anwendungsgebieten querbeet durch ihre 100-jährige Historie.

Zwischen Maklerberuf und Film-Conventions

Die Handlung ist rasch erzählt. Nach dem Aus ihrer Serie und dem Ende ihrer künstlerischen Zusammenarbeit im Streit schlagen sich die beiden Protagonisten recht unterschiedlich durchs Leben. Chip ist ein dröger Versicherungsmakler, der Menschen wie Animationsfiguren vor den Unbilden der Realität absichern möchte, Chap tingelt über Film-Conventions und lebt vom verblassenden Ruhm vergangener Tage. Dann aber werden beide über das mysteriöse Verschwinden eines damaligen Nebendarstellers in die Aufklärung eines Verbrechens hineingezogen, bei dem sie nicht nur ihre detektivischen Spürnasen einsetzen, sondern auch ihre Feindschaft hinter sich lassen müssen.

Was zunächst nach einem übersichtlichen,  wenig spektakulären Versuch klingt, alte Trickcharaktere aus der Versenkung zu holen – man denke an jüngere unsägliche Versuche wie Tom & Jerry, Space Jam 2 und Scooby-Doo –, entpuppt sich als Meisterwerk der Metaebene. Ein intelligentes Feuerwerk an Gags und Ideen, die quasi im Sekundentakt abgefeuert werden und einen fulminanten Zitatenzauber ergeben.

Ähnlich wie Roger Rabbit leben Chip und Chap in der realen Welt von Hollywood, genau wie alle anderen Animationswesen, seien sie nun computergeneriert, handgezeichnet, Knetfiguren oder ähnliches mehr. Diese Welt wurde von Regisseur Akiva Shaffer und den Autoren Dan Gregor und Doug Mand so konsequent zu Ende gedacht und dann in Szene gesetzt, dass es einem angesichts der unzähligen kreativen Einfälle den Atem verschlägt. Die Geschichte, eine Art Neo-Noir-Film, führt zu den dunklen Seiten von Los Angeles, wo viel Geld mit illegalen Nachahmungsfilmen verdient wird, wo ehemalige Charaktere zu kriminellen Gangsterchefs mutieren und ein aufregungsarmes, bürgerliches Leben als Nonplusultra gilt.

Leben in der Misch-Welt

Aber das alles, die komplette erzählerische Seite, wird eigentlich nur als Vorwand genommen, um die moderne Misch-Welt in den Vordergrund zu rücken. Darin gibt es die eitle Vorstellung, dass computergenerierte Figuren besser funktionieren als handgezeichnete Charaktere, weshalb Chap sich einer Schönheitsoperation unterzogen hat, während Chip eher konservativ flach in 2D bleibt. Neben dem Valley in Los Angeles existiert auch das Uncanny Valley („Uncanny“ benennt in der Animation mehr oder weniger missglückte Trickfiguren), wo die Protagonisten auf frühe, schlichte Computerspiel-Figuren oder in einer besonders verruchten Seitenstraße auf die „Cats“-Darsteller treffen. Und es finden Film-Conventions statt, die nicht nur ein sehr spezielles Publikum anlocken, sondern auch Figuren helfen, die es nicht so gut getroffen haben. Man schlägt sich so durch, mehr schlecht als recht, ob man nun Lumière aus Disneys „Die Schöne und das Biest“ ist oder Peter Pan.

Das dankbarste Publikum von „Chip und Chap“ sind letztlich alle jene, die Animationsfilme lieben und verehren. Denn das Team um Regisseur Shaffer, der seine Ursprünge bei der legendären US-amerikanischen Unterhaltungsshow „Saturday Night Live“ hat, nimmt jedenfalls keine Rücksicht auf eventuelle Unkenntnis. Für ihn zählen die Gags und all das, was sich in ein Bild hineinpacken lässt, je mehr, desto besser. Die so entstandene bunte, multikulturelle, multimediale Welt hat auch eine angenehm unaufdringliche Botschaft. Schade nur, dass man das alles nicht auf der Leinwand bewundern darf. Der Streaminganbieter Disney+ kann sich indes glücklich schätzen, dieses Juwel in seinem Repertoire zu haben.

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