Proxima - Die Astronautin

Drama | Frankreich/Deutschland 2019 | 107 Minuten

Regie: Alice Winocour

Eine französische Astronautin wird für eine einjährige Weltraummission zum Mars ausgewählt, was auch einen Abschied von ihrer kleinen Tochter bedeutet. Während ihrer strengen Vorbereitung, bei der sie an physische wie psychische Grenzen gerät, sucht sie nach einer Lösung für ihr Dilemma. Ebenso packendes wie bewegendes Drama, das die vor allem auch emotionalen Vorbereitungen zu einer Weltraummission aus weiblicher Perspektive beleuchtet und dabei auch die Folgen für die familiären Beziehungen einfühlsam in den Blick nimmt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
PROXIMA
Produktionsland
Frankreich/Deutschland
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Dharamsala/Darius Films/Pathé/France 3 Cinéma/Pandora Film
Regie
Alice Winocour
Buch
Alice Winocour · Jean-Stéphane Bron
Kamera
Georges Lechaptois
Musik
Ryuichi Sakamoto
Schnitt
Julien Lacheray
Darsteller
Eva Green (Sarah Loreau) · Zélie Boulant (Stella Akerman Loreau) · Matt Dillon (Mike Shannon) · Lars Eidinger (Thomas Akerman) · Sandra Hüller (Wendy Hauer)
Länge
107 Minuten
Kinostart
24.06.2021
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Science-Fiction
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Koch (16:9, 1.85:1, DD5.1 frz./dt.)
Verleih Blu-ray
Koch (16:9, 1.85:1, dts-HDMA frz./dt.)
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Packendes Drama um eine französische Astronautin, die für eine Mission zum Mars ausgewählt wird und ihre kleine Tochter zurücklassen muss.

Diskussion

Astronauten im Kino sind meistens Männer. In Shelagh McLeods „Astronaut“ konnte jüngst ein 75-jähriger Mann endlich seinen Lebenstraum erfüllen und mit einem Space Shuttle ins All fliegen. In „Proxima“ ist es allerdings eine Frau, die seit Kindertagen den Traum vom Weltraum hegt. Ihr vorangegangen waren beispielsweise Sandra Bullock in „Gravity“ (2013) und Anne Hathaway in „Interstellar“ (2014). Zwei Filme, die sich vor allem auf den Flug und die Arbeit im All mit all ihren Gefahren und Problemen konzentrierten.

Regisseurin und Co-Autorin Alice Winocour verfolgt in „Proxima“ hingegen einen anderen Ansatz: Sie konzentriert sich auf die Folgen des außergewöhnlichen Berufs für die Familie, insbesondere die Beziehung zur Tochter. Nebenbei thematisiert der Film auch die Stellung der Frau in einem männerdominierten Umfeld. Wie bekommt man Mutterrolle und Karriere unter einen Hut? Wie wehrt man sich als Frau gegen die beschämende Geringschätzung durch die männlichen Kollegen? Eine schwere Gratwanderung.

Ein Dilemma ohne Lösung

Im Mittelpunkt steht die junge französische Astronautin Sarah Loreau, die als erste Frau den Mars erforschen will. Ein Traum, der bald Wirklichkeit werden könnte. Denn Loreau wird für die Weltraummission „Proxima“ ausgewählt, die ein Jahr dauern soll. Das aber bedeutet nicht nur einen langen Abschied von der Erde, sondern auch von ihrer kleinen Tochter Stella, dem Menschen, der ihr am meisten bedeutet. Eine Zwickmühle, für die es keine Lösung zu geben scheint.

Zunächst muss Loreau gemeinsam mit anderen Mitgliedern einer internationalen Crew ein strenges ESA-Trainingsprogramm absolvieren. „Sollten sie ihr Arbeitspensum nicht verringern?“, fragt der US-Kollege Mike Shannon süffisant, wobei er seinen machohaften Sexismus offen zur Schau stellt. Stella ficht das nicht an. Sie geht an ihre physischen und psychischen Grenzen, einmal wäre sie bei einer simulierten Reparatur unter Wasser fast ertrunken, mit der die Bedingungen der Schwerelosigkeit im All nachempfunden werden sollen.

Nach und nach lernt sie, die Schwierigkeiten zu meistern. Der Tag des Abflugs rückt immer näher, und damit auch der Abschied von Stella. Wie kann Sarah dem Mädchen die Bedeutung ihrer Aufgabe erklären, der sie sich so sehr verschrieben hat? Wie kann sie ihr zeigen, dass die räumliche Trennung zwischen Mutter und Tochter, und sei die noch so unvorstellbar groß, nichts an ihrer Verbundenheit oder an ihrer Liebe zueinander ändert?

Das Leben passt in einen Schuhkarton

Das Leben eines Menschen passt in einen Schuhkarton und darf nicht mehr als anderthalb Kilo wiegen. Als Sarah ihre Sachen für den Raumflug packt, darf sie zwar Fotos, Wimpel und Erinnerungsstücke mitnehmen, aber nicht das erlaubte Maß an Größe und Gewicht überschreiten. Eine perfekte Metapher dafür, dass Astronauten nicht zu viel Ballast, körperlichen wie geistigen, mit sich führen dürfen.

Schon Damien Chazelle hatte sich in „Aufbruch zum Mond“ (2018) auch den emotionalen Seiten dieses Traumberufs gewidmet und seine Auswirkungen auf das Zusammenleben von Neil Armstrong mit Ehefrau und Kindern ausführlich beschrieben. Alice Winocour verfährt ähnlich, allerdings aus dezidiert weiblicher Perspektive. Loreau unterscheidet sich durch Alter, Geschlecht und Herkunft von den anderen Astronauten; ständig muss sie fürchten, nicht ernst genommen zu werden. Eva Green spielt die Figur darum bravourös in einer Mischung aus unbändiger Willenskraft und scheuer Zerbrechlichkeit. Die Angst zu scheitern ist in ihrem Gesicht stets sichtbar. Hinzu kommt die Zumutung, die Erde verlassen zu müssen, um sich beruflich zu verwirklichen.

Und doch fängt die Regisseurin die Schwere ihrer erzählerischen Prämisse in einigen Szenen wieder auf. Einmal umarmen sich Mutter und Tochter in einem Swimmingpool so innig, dass die körperliche Verbundenheit wie eine untrennbare Symbiose erscheint. Ein anderes Mal erkundet Stella im weißen Ballettkleidchen, violetter Windjacke und braunen Stiefeln eine zu Trainingszwecken nachgebaute Mondlandschaft; im Hintergrund leuchtet ein großes, an eine Wand projiziertes Bild der blauen Erde. Die Faszination ihrer Mutter für das All ist plötzlich kein Rätsel mehr.

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