Anatomie eines Knalls - Kinojahr 2023: Ein Fazit

Eine weibliche Puppe auf der Suche nach ihrer Identität und ein Atomwissenschaftler im Netz seiner historischen Verantwortung sind die Helden des Kinojahres 2023. Der unerwartete Einschlag der am selben Tag gestarteten Filme „Barbie“ und „Oppenheimer“ hat den Kinos einen Aufwind beschert und die ewigen Fortsetzungen von Erfolgsfilmen auf die Plätze verwiesen. Nachholbedarf besteht derweil weiterhin im Arthouse-Bereich, wo (zu) viele gute Filme auf ein risikoscheues Publikum treffen.

Von Jörg Taszman

Die besten Filme 2023

Mit „Barbenheimer“ besaß die Kinolandschaft 2023 ihr Sommermärchen, und beide Filme, sowohl „Oppenheimer“ als „Barbie“, haben es auch in die Liste der zwanzig wichtigsten Filme des Jahres 2023 geschafft. Ganz vorne in der Gunst der Kritikerinnen und Kritiker von filmdienst.de lagen allerdings andere Werke: „Tár“ mit der überragenden Cate Blanchett führt die Abstimmung an, gefolgt von „Anatomie eines Falls“ und dem lakonisch-berührenden Liebesfilm „Fallende Blätter“.

Plädoyer für Ambivalenz

In den aufgeheizten Debatten der Gesellschaft werden derzeit oft Haltung, Klarheit oder eindeutige Positionen eingefordert. Auch von Filmschaffenden und Filmvermittlern. Dabei kann gerade die Kunst und insbesondere Filme lehren, nuancierter auf Dinge zu blicken und die Komplexität der Welt wahrzunehmen. Gedanken zu einem Durcheinander verschiedener Perspektiven, nicht nur im Film.

Von Patrick Holzapfel

Wohin soll das führen?

Die gängigen Streaming-Portale erschweren eine gezielte Suche nach guten Kinder- und Jugendfilmen. Neue Filme tauchen so plötzlich auf, wie sie mitunter auch wieder verschwinden, da die Anbieter vermehrt auf eine Politik der künstlichen Verknappung setzen. Neben der generellen Unübersichtlichkeit bringt das fürs Publikum vor allem auch eine große Unsicherheit mit sich.

Von Rochus Wolff

Die besten Serien 2023

Neben spannenden Serienfinalen von „The Crown“ und „Succession“ und sehenswerten Fortsetzungen wie den zweiten Staffeln von „The Bear – King of the Kitchen“, „Loki“ oder „Star Trek – Strange New Worlds“ gab es im Jahr 2023 auch wieder viele Neustarts, die Eindruck hinterlassen haben. Unter ihnen hat die Filmdienst-Redaktion ihre Top 20 gekürt. Angeführt wird die Auswahl von der dystopischen Computerspielverfilmung „The Last of Us“.

Code red

Der israelische Filmemacher Yahav Winner wurde beim Hamas-Massaker am 7. Oktober ermordet. Sein jüngster Kurzfilm „The Boy“ handelt von einem Jungen in einem Kibbuz an der Grenze zu Gaza, der sich nicht mit dem Status quo zweier verfeindeter Völker abfinden will. Eindrücke aus einem verstörten Land, in dem die Beschäftigung mit den Bildern des Krieges schon immer eine Herausforderung war.

Von Chris Schinke

Verführung und Einschüchterung

Wie kam es zur Etablierung der mörderischen Hungerspiele und dem Aufstieg des späteren Diktators Coriolanus Snow? Das Prequel „Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes“ beantwortet diese Fragen. Eine besondere Rolle spielt dabei das Production Design des deutschen Szenenbildners Uli Hanisch. Dieser griff auf Drehorte in Deutschland und Bildwelten der Midcentury-Ära zurück, um die Welt von Panem zum Leben zu erwecken.

Von Kristina Jaspers

Mädchen & Kindheit. Eine neue Perspektive

Im Kino waren es bislang meist Jungs, die in Filmen über die Kindheit im Fokus standen. In jüngster Zeit aber mehren sich Werke, die sich mit dem Erleben von Mädchen beschäftigen. Und zwar als eigenständige Charaktere, nicht als Projektionen kindlicher Unschuld. Das ist nicht nur ein Akt von Gendergerechtigkeit, sondern verändert den Blick der Gesellschaft auf sich selbst.

Von Sebastian Seidler

Die Fiktionen der anderen - Justine Triet & „Anatomie eines Falls“

In dem in diesem Jahr in Cannes mit der „Goldenen Palme“ ausgezeichneten Drama „Anatomie eines Falls“ von Justine Triet geht es nicht nur um die Klärung eines Todesfalls. Vielmehr kreist der Film furios um gesellschaftliche Rollen- und Beziehungsvorstellungen und ein sehr zeitgemäßes Aufeinanderprallen unvereinbarer Wahrnehmungen und Anschauungen. Wahr und falsch, Fiktion und Wirklichkeit, Liebe und Egoismus lassen sich dabei nicht immer trennscharf voneinander unterscheiden.

Von Philipp Stadelmaier

Worüber reden wir? Überlegungen zu Filmen & Filmförderung in Deutschland

Beim Streit um die Filmförderung wird viel zu selten bedacht, dass sich die Medienwelt radikal verwandelt. Durch die Digitalisierung hat sich die entfesselte Filmproduktion vollends zur Suchtfabrik entwickelt, die unablässig Wiederholungen produziert. Gegen diese Formatierung gilt es sich zur Wehr zu setzen. Denn die Bilderwelten bestimmen nicht nur unser Unbewusstes, sondern auch das Bild, das wir uns von uns selbst machen.

Von Jutta Brückner