© IMAGO/Tinkeres (Claus Boje bei der Eröffnung des Delphi-Lux Kino in Berlin 2017)

Zum Tod von Claus Boje

Ein Nachruf auf den Produzenten, Verleiher und Filmemacher Claus Boje (1958-26. August 2023)

Veröffentlicht am
22. November 2023
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Von dem Produzenten Claus Boje wurde meist im Zusammenhang mit dem Regisseur Detlev Buck gesprochen, mit dem er 1989 die BojeBuck-Produktionsfirma ins Leben rief; später auch in Kombination mit Leander Haußmann, dessen erfolgreiche Komödien ebenfalls von BojeBuck produziert wurden. Doch im Hintergrund zog Boje die Strippen und beflügelte mit seiner Begeisterungsfähigkeit und seinem Mut zum Risiko das deutsche Kino der 1990er-Jahre. Im Alter von 65 Jahren ist Claus Boje am 25. August 2023 verstorben.


BojeBuck“ war eine Marke im deutschen Film. 1989 hatte Claus Boje als Kinobetreiber und Verleiher mit seiner Firma „Delphi Filmverleih“ zusammen mit Detlev Buck die Produktionsfirma „BojeBuck“ gegründet. Zu ihren Erfolgsfilmen gehörten nicht nur die Buck-Filme „Wir können auch anders“, „Männerpension“ oder „Knallhart“, sondern vor allem auch „Sonnenallee“ oder „Herr Lehmann“ von Leander Haußmann. Während Detlev Buck als Regisseur immer als der prominentere Vertreter von BojeBuck galt, blieb sein Partner der Produzent. Schon „Karniggels“ (1991) war erfolgreich, mit der lakonisch-trockenen Komödie „Wir können auch anders“ (1993) konnten Boje & Buck bereits mehr als 700 000 Zuschauer erfreuen. Das Erstaunliche an den Buck-Komödien war, dass sie auf einen anderen Humor als im deutschen Kino üblich setzten und kommerziell erfolgreiche Filme schufen, die als echte „Crossover“ zwischen Arthouse und Kommerz funktionierten. Mit „Männerpension“ landeten sie 1996 ihren größten Hit, begeisterten über 3,3 Millionen Zuschauer und bewiesen, dass Til Schweiger richtig gut ist, wenn er als Teamplayer agiert, und dass Heike Makatsch wunderbar spielen kann.


Aufwändige, liebevolle Filme

Das Credo des Produzenten Claus Boje lautete stets, „aufwändige, bis ins Detail liebevolle Produktionen“ zu machen. Er wollte „Filme, die Spaß machen“ sollen. Da passte der bis dahin nur als Theaterregisseur bekannte Leander Haußmann gut dazu. Als Haußmann den Roman „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“ von Thomas Brussig verfilmte, waren BojeBuck dabei. „Sonnenallee“ erreichte 2,6 Millionen Zuschauer. Insgesamt produzierten BojeBuck fünf Filme von Leander Haußmann, darunter auch „Herr Lehmann“ und „NVA“.

Erfolgsduo: Detlev Buck und Claus Boje (© IMAGO / BRIGANI-ART)
Erfolgsduo: Detlev Buck und Claus Boje (© IMAGO / BRIGANI-ART)

Mit dem Delphi Filmverleih brachte Claus Boje auch andere deutsche Autorenfilme wie Andreas Dresens „Halbe Treppe“ (2002) oder Hans Weingartners „Die fetten Jahre sind vorbei“ (2004) in die Kinos. Selbst Filmemacher wie Ken Loach wurden von Claus Boje vertrieben, etwa „Looking for Eric“. Zur deutschen Premiere des Films kam sogar Eric Cantona nach Berlin. Der Film sollte eher als Komödie denn als ein Ken-Loach-Film vermarktet werden, erreichte allerdings weniger Besucher als die Sozialdramen des britischen Regisseurs.

Trotz vieler Erfolge stand der Delphi Filmverleih 2010 vor der Insolvenz und wurde von dem Verleih DCM zunächst teilweise, ab 2012 dann ganz übernommen und umfirmiert. Während Claus Boje weiterhin als Co-Produzent für DCM tätig blieb, unter anderem für die äußerst populären Realverfilmungen der „Bibi und Tina“-Reihe, gestaltete sich der Relaunch des Delphi Filmverleihs schwierig. Boje wollte ganz besondere Autorenfilme herausbringen. Mit „Underdog“ (2014) und „The Assassin“ (2015) brachte er zwar aktuelle Arbeiten der international renommierten Regisseure Kornél Mundruczó und Hou Hsiao-Hsien in die Kinos, doch erreichte beide Filme bei weitem nicht das kalkulierte Ziel.


Mit dem Rennrad durch Japan

In dieser Zeit wurde es sehr ruhig um Claus Boje, der zwischen 2019 und 2022 mit „Zero Gravity“ einen Dokumentarfilm als Regisseur in Japan drehte. Boje fuhr neun Wochen lang mit dem Rennrad durch Japan, als dort die Kirschbäume blühten. Corona-bedingt startete der Film erst im Dezember 2022 in den deutschen Kinos.

Der Tod von Claus Boje, der nur 65 Jahre alt wurde, fand in den deutschen Medien nur ein geringes Echo. Unter den großen Tageszeitungen zitierte nur die Bildzeitung aus Leander Haußmanns traurig-schönem Facebook-Eintrag, der auf das Logo von BojeBuck anspielt, wo ein blauer Hase auf einem Feld eine Schlange im Mund hält: „Mit Claus ging nun die Welt der unabhängigen, klugen Produzenten und Verleiher zu Ende. Die Filmwelt gehört wieder der Schlange, und der Hase hoppelt orientierungslos über das stoppelige Feld. Schlaf wohl mein Freund. Wir berappeln uns. Keine Sorge.“

Das Logo von BojeBuck (© BojeBuck)
Das Logo von BojeBuck (© BojeBuck)

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