Thriller | USA 2019 | 126 Minuten

Regie: J.C. Chandor

Ein Mann überredet vier ehemalige Kameraden einer US-Spezialeinheit zu einem großen Coup: Im Länderdreieck zwischen Brasilien, Kolumbien und Peru wollen sie einen Drogenboss um mehrere Millionen Dollar erleichtern. Zunächst scheinen sie ihren Plan ohne große Schwierigkeiten umzusetzen, angesichts der Mengen an Geld, auf die sie bei ihrem Beutezug treffen, verlieren sie jedoch die Bodenhaftung und finden sich schließlich auf einer Odyssee quer über die Anden wieder. Der Film entfaltet sich als spannende Mischung aus Actionthriller und Drama um eine Gruppe desillusionierter amerikanischer „Helden“, deren moralische Integrität durch materielle Interessen mehr und mehr zu korrodieren droht. Dass dabei mitunter die Glaubwürdigkeit etwas strapaziert wird, um das moralische Dilemma der Figuren zuzuspitzen, sieht man dem hintersinnigen Film gerne nach. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
TRIPLE FRONTIER
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Atlas Entertainment
Regie
J.C. Chandor
Buch
Mark Boal · J.C. Chandor
Kamera
Roman Vasyanov
Musik
Disasterpeace
Schnitt
Ron Patane
Darsteller
Ben Affleck (Tom "Redfly" Davis) · Charlie Hunnam (William "Ironhead" Miller) · Oscar Isaac (Santiago "Pope" Garcia) · Garrett Hedlund (Ben Miller) · Pedro Pascal (Francisco "Catfish" Morales)
Länge
126 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Thriller
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Diskussion

Ein Thriller von J.C. Chandor ("Margin Call", "All Is Lost", "A Most Violent Year"): Eine Gruppe ehemaliger Soldaten einer US-Spezialeinheit will im "Tres Fronteras", im Länderdreieck zwischen Brasilien, Kolumbien und Peru, einen Drogenboss um 75 Millionen Dollar erleichtern. Prominent besetzt u.a. mit Ben Affleck, Oscar Isaac und Pedro Pascal.

Von den Schwierigkeiten ehemaliger Soldaten, ins zivile Leben zurückzufinden, hat das US-Kino in den letzten Jahren öfters erzählt, etwa in Kathryn Bigelows „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“. In „Triple Frontier“ sind es vier ehemalige Mitglieder einer US-Spezialeinheit, die sich von einem einstigen Kameraden nur allzu leicht dazu überreden lassen, wieder zu den Waffen zu greifen. Dabei geht es nicht nur um den Adrenalin-Schub, sondern vor allem ums Geld: Alle schleppen sie das Gefühl mit sich herum, für ihren Dienst am Vaterland nie gebührend honoriert worden zu sein. Er sei während seiner Zeit bei der Army fünfmal angeschossen worden und könne sich nun noch nicht einmal einen neuen Truck leisten, sagt Santiago „Pope“ Garcia (Oscar Isaac) an einer Stelle zu Tom „Redfly“ Davis (Ben Affleck) – und hat ihn damit schon fast da, wo er ihn haben will: Garcia, der seit seinem Ausscheiden aus der Armee als privater Militär-Unternehmer arbeitet, versucht, seine ehemaligen Kameraden für einen großen Coup zu gewinnen, bei dem ein südamerikanischer Drogenboss um zig Millionen erleichtert werden soll. Mit der moralischen Beruhigungspille, dass es auch darum gehe, einem Kriminellen im Auftrag einer lokalen Regierung das Handwerk zu legen, holt er neben Davis bald auch die Brüder William und Ben Miller (Charlie Hunnam, Garrett Hedlund) an Bord, von denen der eine PR für die Army macht, der andere sein Geld bei Cage Fights verdient, sowie Francisco Morales (Pedro Pascal), der demnächst Vater wird und ein finanzielles Polster für seine wachsende Familie gut brauchen kann.

Ein zwischen äußerer Action und inneren Spannungen changierendes Thriller-Drama

„Triple Frontier“ war ursprünglich ein Projekt Kathryn Bigelows und ihres Drehbuchautoren Mark Boal, die neben „The Hurt Locker“ auch „Detroit“ und „Zero Dark Thirty“ gemeinsam auf die Beine gestellt haben. Es wäre interessant zu wissen, wie der Film geworden wäre, wenn ihn die beiden im Stil des „Cinematic Journalism“ durchgezogen hätten, den sie auch in ihren anderen Arbeiten pflegen. Bigelow fungierte in der Netflix-Produktion aber schließlich nur als Produzentin; als Co-Drehbuchautor und Regisseur kam J.C. Chandor an Bord, der sich mit seinen drei Spielfilmen „Margin Call“, „All Is Lost“ und „A Most Violent Year“ als Ausnahme-Talent empfohlen hat. Er macht aus dem Stoff, der durchaus in Richtung eines Macho-Movies wie „The Expendables“ hätte tendieren können, ein zwischen äußerer Action und inneren Spannungen changierendes Thriller-Drama. Dabei gerät das Szenario weniger nüchtern-realistisch als in den vorherigen Bigelow-Boal-Projekten, sondern ist (bisweilen auf Kosten der Glaubwürdigkeit) daraufhin zugespitzt, die moralischen Untiefen, in die seine „American Heros“ bei ihrem fragwürdigen Auslandseinsatz geraten, packend zu bebildern.

Der Filmtitel bezieht sich auf die „Tres Fronteras“-Region, das Länderdreieck zwischen Brasilien, Kolumbien und Peru. Man kann ihn aber durchaus auch metaphorisch lesen: Hier gibt es schon sehr bald keine klare Gut-Böse-Front mehr, sondern eine heillose Gemengelage aus den maroden, korrupten Strukturen vor Ort, fehlgeleiteter amerikanischer Selbstgerechtigkeit und sich verselbstständigender Gier.

Ein Überlebenskampf mit einer Prise kolonialen Wahsinns

Der große Coup, bei dem die fünf Soldaten ins Anwesen ihrer Zielperson eindringen, ist nicht das Actionfinale, auf das alles hinausläuft, sondern findet bereits etwa in der Mitte des Films statt; er verläuft (was einigermaßen unlogisch erscheint) ohne allzu großen Widerstand der Gangster und dient vor allem dazu, die Figuren mit dem zu konfrontieren, was im Folgenden ihr Verhängnis zu werden droht: mit wahnwitzigen Unmengen von Geld. Und zwar nicht in Form virtueller Datenströme wie in Chandors „Margin Call“, sondern als Berge von Papiergeld. Was zwar auch wieder die Handlungslogik beeinträchtigt (würde ein gut organisierter Drogenring sein Geld nicht eher waschen und auf irgendwelchen sicheren Konten deponieren, anstatt es in die Wände einer Dschungel-Villa einzubauen?), aber als physische Präsenz ein starkes Bild abgibt für die schiere Überwältigung, die die Aussicht auf solchen Reichtum für die Soldaten bedeutet.

Die zweite Hälfte des Films entfaltet sich dann als zunehmend fatale Odyssee der Truppe, die versucht, das Geld über die Anden zu transportieren – ein Überlebenskampf wie in „Der Schatz der Sierra Madre“, mit einer Prise kolonialen Wahnsinns à la „Fitzcarraldo“.

Die Themen, die Chandor in seinen bisherigen Filmen umtrieben – die Korruption durch das Geld aus „Margin Call“, die fatale Verstrickung eines an sich wohlmeinenden Mannes in kriminelle Umtriebe aus „A Most Violent Year“, der Überlebenskampf aus „All is Lost“ – finden sich hier allesamt wieder. Dass der Film trotzdem nicht ganz so stimmig wirkt wie die drei früheren Arbeiten Chandors mag damit zusammenhängen, dass Chandor hier nicht im Alleingang auch fürs Drehbuch verantwortlich zeichnete, sondern sich mit Mark Boal zusammentat und die stilistischen Vorlieben nicht ganz reibungsfrei kompatibel waren. Trotzdem gibt „Triple Frontier“ auch dank der überzeugenden Besetzung der fünf unglückseligen Glücksritter einen außergewöhnlichen, höchst spannenden Thriller ab – und einen weiteren bitteren Kommentar Chandors zu den glanzlosen Überresten des „American Dream“.

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