© Les Film Pelléas (Chiara Mastroianni in der Rolle ihres Vaters Marcello in „Marcello Mio“)

Cannes 2024 - Das Programm

Das Filmfestival in Cannes 2024 hat sein Programm bekannt gegeben: Der Jahrgang bietet Horror, Musicals und Genrevielfalt

Veröffentlicht am
25. April 2024
Diskussion

Der 85-jährige Francis Ford Coppola hat es nach Jahrzehnten wieder in den Wettbewerb von Cannes geschafft, wo er sein Langzeitprojekt „Megalopolis“ vorstellt. Daneben präsentiert das Filmfestival in seiner 77. Ausgabe (15.-24.5.2024) neue Werke von Yorgos Lanthimos, Jacques Audiard, David Cronenberg, Andrea Arnold und Kevin Costner. Es dominieren englischsprachige und französische Arbeiten, für Filme aus Deutschland und Österreich ist auch dieses Jahr wieder kein Platz.


Viel war im Vorfeld nicht über die Wettbewerbsauswahl 2024 in Cannes durchgesickert. Bis am Tag vor Bekanntgabe der Filme verstärkt dann der Name Francis Ford Coppola fiel, der mit seinem Langzeitprojekt „Megalopolis“ wohl der berühmteste Name im Wettbewerb ist. Der neue dystopische Science-Fiction-Film des zweifachen „Goldenen Palme“-Gewinners spielt in einem zerstörten New York der Zukunft. Ein idealistischer Architekt namens Caesar, verkörpert von Adam Driver, möchte die Metropole nachhaltig wieder aufbauen und gerät so in einen Interessenskonflikt zum korrupten Bürgermeister Frank Cicero.

In den letzten Jahren fiel Coppola eigentlich nur dadurch auf, dass er seine Klassiker wie „Apocalypse Now“ oder „Der Pate III“ permanent neu schnitt und in neuen „Director’s“ oder „Final Cuts“ verschlimmbesserte. Über seine letzten Spielfilme wie „Jugend ohne Jugend“ (2007) oder „Twixt“ (2011) sollte man lieber nicht zu viele Worte verlieren. Ob man also Coppola wirklich einen Gefallen tut, seinen Film in den Wettbewerb aufgenommen zu haben, muss sich zeigen.

Als schillerndster Name im Wettbewerb fällt hingegen der des griechischen Regisseurs Yorgos Lanthimos auf. Nachdem er mit „Poor Things“ 2023 in Venedig den „Goldenen Löwen“ gewann, präsentiert er sein neues Werk „Kinds of Kindness“, erneut mit Emma Stone und Willem Dafoe, in Cannes.


Fünfmal Frankreich im Wettbewerb

Frankreich ist mit fünf Werken im Wettbewerb vertreten. Christophe Honoré wartet bei seinem Drama „Marcello Mio“ handelt laut der ersten, noch etwas lapidaren Inhaltsbeschreibung von Abstammung und Selbstbildern und wartet mit einer Starbesetzung auf, darunter Chiara Mastroianni, die ihren Vater Marcello Mastroianni spielt. Jacques Audiard hat für „Emilia Perez“ Mexiko in Studios der Pariser Banlieue aufbauen lassen und einen spanischsprachigen Thriller gedreht, der auch Komödie und Musical sein soll. Die Hauptrolle verkörpert die Spanierin Karla Sofia Gascón, in Nebenrollen sieht man Selena Gomez, Zoe Saldaña und Édgar Ramírez. Es geht um einen Kartell-Chef, der sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen will, um unterzutauchen. Auf eine Mischung aus Musical und Liebesgeschichte setzt auch der französische Schauspieler Gilles Lellouche mit „L’amour Ouf“, der nach seiner hocherfolgreichen Regiearbeit mit „Ein Becken voller Männer“ wieder hinter die Kamera wechselt. In den Hauptrollen sieht man Adèle Exarchopoulos und François Civil als leidenschaftliches Liebespaar. In ersten Statements erfährt man zur Handlung: „Die 1980er-Jahre in Nordfrankreich. Jackie und Clotaire wachsen zwischen den Schulbänken und den Docks des Hafens auf. Sie studiert, er hängt ab. Dann kreuzen sich ihre Schicksale und es ist Liebe auf den ersten Blick“. Der aufwändige, über drei Stunden lange Film spielt auf mehreren Zeitebenen, Malik Frikah und Mallory Waneccque verkörpern die jungen Clotaire und Jackie.

Als feministischer Body-Horror wird die US-amerikanische Produktion „The Substance“ der Französin Coralie Fargeat angekündigt, mit Demi Moore und Margaret Qualley in den Hauptrollen. Für echten Horror steht David Cronenberg mit seinem neuen Film „The Shrouds“, den er als autobiografisch und sehr persönlich bezeichnet. Vincent Cassel und Diane Kruger spielen die Hauptrollen.

Horror in all seinen Facetten scheint in diesem Jahr sehr angesagt, auch wenn es die zweite Regiearbeit der französischen Schauspielerin Noémie Merlant nicht in den Wettbewerb schaffte, sondern nur in die Nebensektion „Midnight Screenings“. Ihre Horrorkomödie „Les femmes au balcon“ soll in einem Blutbad in Marseille enden. Das Drehbuch verfasste sie zusammen mit Céline Sciamma.


Frauen und Hollywood-Regisseure in der Minderheit

Die zweite französische Regisseurin im Wettbewerb ist stattdessen die Spielfilm-Debütantin Agathe Riedinger mit dem Coming-of-Age-Film „Diamant Brut“ um eine 19-Jährige aus Fréjus, die zu einem Casting der Show „Miracle Island“ eingeladen wird. Insgesamt finden sich nur vier Werke von Frauen bei den 19 Wettbewerbsfilmen. In Andrea Arnolds „Bird“ spielen Barry Keoghan und Franz Rogowski die Hauptrollen. Das Debüt der indischen Regisseurin Payal Kapadia „All We Imagine as Light“ wird der erste indische Spielfilm im Wettbewerb in Cannes seit über dreißig Jahren sein.

Nach drei Filmen im Vorjahr ist Italien diesmal nur mit Paolo Sorrentino vertreten. Seinen 10. Spielfilm „Parthenope“ hat er wieder in seiner Heimatstadt Neapel gedreht. Unter den Cannes-Wiederkehrern finden sich auch das neue Werk „The Apprentice“ des iranisch-dänischen Filmemachers Ali Abbasi über den jungen Donald Trump sowie neue Filme von Sean Baker und Karim Aïnouz.

Renommierte Hollywood-Regisseure findet man nur außerhalb des Wettbewerbs. Kevin Costner hat mit „Horizon – An American Saga“ gleich einen Zweiteiler gedreht, der am 28. Juni und 16. August in die US-Kinos kommt. Der erste Teil wird in Cannes seine Weltpremiere erleben. Costner selbst spielt in diesem Western ebenso mit wie Sienna Miller, Sam Worthington und Jena Malone. Auch der Australier George Miller präsentiert „Furiosa: A Mad Max Saga“ in dieser Sektion, in der es um gehobenen Mainstream und Hollywoodfilme geht, die nicht um die „Goldene Palme“ konkurrieren. Auffallend viele große Namen hat man in die Sektion „Cannes Premiere“ ausgegliedert. Dort laufen neue Filme von Léos Carax, Rithy Panh oder Nabil Ayouch.


Deutschland und Österreich bleiben zuhause

Zu guter Letzt fällt natürlich auf, dass nach dem doppelten Wim Wenders in 2023 wieder kein einziger deutscher Film im Wettbewerb oder anderen Sektionen zu sehen sein wird. Schwacher Trost aus deutscher Sicht: Auch aus dem in anderen Jahren gefühlt immer vertretenen Österreich kommt diesmal kein Film.



Die Filme im Wettbewerb


LE DEUXIÈME ACTE (Eröffnungsfilm)

Frankreich 2024 | Regie: Quentin Dupieux


THE APPRENTICE

Kanada/USA 2024 | Regie: Ali Abbasi


MOTEL DESTINO

Brasilien 2024 | Regie: Karim Aïnouz


BIRD

Großbritannien/Frankreich 2024 | Regie: Andrea Arnold


EMILIA PEREZ

Frankreich/USA/Mexiko 2024 Regie: Jacques Audiard


ANORA

USA 2024 | Regie: Sean Baker


MEGALOPOLIS

USA 2024 | Regie: Francis Ford Coppola


THE SHROUDS

Frankreich 2024 | Regie: David Cronenberg


THE SUBSTANCE

Großbritannien/USA 2024 | Regie: Coralie Fargeat


GRAND TOUR

Portugal/Italien 2024 | Regie: Miguel Gomes


LA PLUS PRÉCIEUSE DES MARCHANDISES

Frankreich 2024 | Regie: Michel Hazanavicius


MARCELLO MIO

Frankreich 2024 | Regie: Christophe Honoré


FENG LIU YI DAI

China 2024 | Regie: Jia Zhang-Ke


ALL WE IMAGINE AS LIGHT

Frankreich/Niederlande 2024 | Regie: Payal Kapadia


KINDS OF KINDNESS

Großbritannien/Irland 2024 | Regie: Yorgos Lanthimos


L’AMOUR OUF

Frankreich/Belgien 2024 | Regie: Gilles Lellouche


TREI KILOMETRI PANA LA CAPATUL LUMII

Rumänien 2024 | Regie: Emanuel Parvu


THE SEED OF THE SACRED FIG

Iran 2024 | Regie: Mohammad Rasoulof


DIAMANT BRUT

Frankreich 2024 | Regie: Agathe Riedinger


OH CANADA

USA 2024 | Regie: Paul Schrader


LIMONOV – THE BALLAD

Italien/Frankreich 2024 | Regie: Kirill Serebrennikow


PARTHENOPE

Italien/Frankreich 2024 | Regie: Paolo Sorrentino


PIGEN MED NÅLEN

Dänemark 2024 | Regie: Magnus von Horn


Un Certain Regard

NORAH

Saudi-Arabien 2024 | Regie: Tawfik Alzaidi


THE SHAMELESS

Frankreich/Bulgarien 2024 | Regie: Konstantin Bojanov


LE ROYAUME

Frankreich 2024 | Regie: Julien Colonna


VINGT DIEUX !

Frankreich 2024 | Regie: Louise Courvoisier


LE PROCÈS DU CHIEN (WHO LET THE DOG BITE?)

Frankreich 2024 | Regie: Laetitia Dosch


GOU ZHEN (BLACK DOG)

China 2024 | Regie: Guan Hu


THE VILLAGE NEXT TO PARADISE

Frankreich 2024 | Regie: Mo Harawe


SEPTEMBER SAYS

Frankreich 2024 | Regie: Ariane Labed


L’HISTOIRE DE SOULEYMANE

Frankreich 2024 | Regie: Boris Lojkine


LES DAMNÉS

Italien/Belgien 2024 | Regie: Roberto Minervini


ON BECOMING A GUINEA FOWL

Großbritannien/Sambia 2024 | Regie: Rungano Nyoni


BOKU NO OHISAMA (MY SUNSHINE)

Japan 2024 | Regie: Hiroshi Okuyama


WHEN THE LIGHT BREAKS

Island 2024 | Regie: Rúnar Rúnarsson


NIKI

Frankreich 2024 | Regie: Céline Sallette


SANTOSH

Großbritannien 2024 | Regie: Sandhya Suri


VIET AND NAM

Philippinen 2024 | Regie: Truong Minh Quý


ARMAND

Norwegen 2024 | Regie: Halfdan Ullmann Tøndel


FLOW

Lettland 2024 | Regie: Gints Zilbalodis


Außer Konkurrenz

SHE’S GOT NO NAME

USA 2024 | Regie: Chan Peter Ho-Sun

HORIZON, AN AMERICAN SAGA

USA 2024 | Regie: Kevin Costner

RUMOURS

USA 2024 | Regie: Evan Johnson, Galen Johnson & Guy Maddin

FURIOSA: A MAD MAX SAGA

USA 2024 | Regie: George Miller

LE COMTE DE MONTE-CRISTO

Frankreich 2024 | Regie: Alexandre De La Patellière & Matthieu Delaporte


Midnight Screenings

TWILIGHT OF THE WARRIOR WALLED IN

USA 2024 | Regie: Soi Cheang

THE SURFER

USA 2024 | Regie: Lorcan Finnegan

LES FEMMES AU BALCON

USA 2024 | Regie: Noémie Merlant

I, THE EXECUTIONER

USA 2024 | Regie: Ryoo Seung Wan


Cannes Première

EVERYBODY LOVES TOUDA

Marokko 2024 | Regie: Nabil Ayouch

C’EST PAS MOI

Frankreich 2024 | Regie: Leos Carax

EN FANFARE

Frankreich 2024 | Regie: Emmanuel Courcol

MISÉRICORVON

Frankreich 2024 | Regie: Alain Guiraudie

LE ROMAN DE JIM

Frankreich 2024 | Regie: Arnaud Larrieu & Jean-Marie Larrieu

VIVRE, MOURIR, RENAITRE

Frankreich 2024 | Regie: Gaël Morel

MARIA

Frankreich 2024 | Regie: Jessica Palud

RENDEZ-VOUS AVEC POL POT

Kambodscha/Frankreich 2024 | Regie: Rithy Panh


Special-Screenings

LE FIL

Frankreich 2024 | Regie: Daniel Auteuil

ERNEST COLE, PHOTOGRAPHE

USA 2024 | Regie: Raoul Peck

L’INVASION

Ukraine 2024 | Regie: Sergei Loznitsa

APPRENDRE

Frankreich 2024 | Regie: Claire Simon

LA BELLE DE GAZA

Israel 2024 | Regie: Yolande Zauberman

SPECTATEURS

Frankreich 2024 | Regie: Arnaud Desplechin

NASTY

Rumänien 2024 | Regie: Tudor Giurgiu

LULA

USA 2024 | Regie: Oliver Stone

AN UNFINISHED FILM

China 2024 | Regie: Lou Ye

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